Skulptur 1

HÜSEYIN ALTIN
Fortschnittschritt


Standort: Oberer Marktplatz
Material: Rauchkristall
Jahr: 1986


Bildhauerische Arbeit muss oft standhalten im öffentlichen Raum. Auf dem Schorndorfer Marktplatz steht eine Arbeit Altins, die zunächst ein Stein des Anstoßes war. Der Stein hat einen Namen: »Fortschnittschritt«.

Was der Name sagt, zeigt der Stein. Es handelt sich um eine Stele, durch die von unten nach oben aufsteigend eine Sägespur verläuft. In den Stein einschneidend dringt die Säge fortschreitend vor. Sie zerstört den Stein. Sie wird auch, wenn sie weiter vordringt, sich selbst vernichten, nämlich dann, wenn der Stein auseinanderbricht. Er ist ein Denk-mal im Wortsinn.

Der Stein hat zwei Hauptansichten, die eine zeigt den natürlichen Bruch, die andere den vom Menschen geglätteten Block. Beide Seiten zieht der Schnitt der Säge in Mitleidenschaft. Dieses gemeinsame Element vermittelt zwischen der Gegensätzlichkeit der beiden Seiten, dem Relief voller Bewegung und raumbildender Kraft gegen die raumabweisende Glätte auf der polierten Seite mit ihrer lebhaften Maserung, Farbigkeit und Kühle.

So ist der Stein ein Angebot an den Menschen, zu tasten und zu begreifen – den Stein und mit seiner Hilfe etwas vom eigenen Leben. Es ist angewiesen auf den Planeten Erde, aus dem der Stein herausgebrochen ist, und hat sich mit fortschreitender Geschichte perfektioniert, wie das Ensemble des umgebenden Marktplatzes mit Fachwerkhäusern und modernster Technik in den Geschäften vor Augen führt. In dieser Gegenwart stellt Altins Denkmal Fragen an die Zukunft.

Text: Ulrike Rein

Hüseyin Altin
1944 in Denizli/Türkei geboren
1967-73 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
1979-81 Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg
1981-82 Stipendiat des Landes Baden-Württemberg an der Cite´ Internationale des Arts, Paris
1997 Erich-Heckel-Preis des Künstlerbundes Baden-Württemberg
Lebt und arbeitet in Urbach