Rathaus
Hans Gottfried von Stockhausen
SCHORNDORFER WEIBER
Wer Schorndorf mit dem Bahn besucht, wird auf dem Bahnhofsvorplatz von Thompsons „Swan Song“ begrüßt und begegnet auf dem Weg zum Marktplatz Schorndorfs ‚local heroes‘ Gottlieb Daimler – mit Denkmal und der Ausstellungsbox doppelt vertreten – und Barbara Künkelin mit den „Schorndorfer Weibern“. Das Wandmosaik erinnert an die Bürgerinnen Schorndorfs, die in ihrer Verzweiflung im Dezember 1688 den Mut aufbrachten, die örtlichen Amtsträger einzuschüchtern und die Stuttgarter Abgesandten festzusetzen, so dass die Übergabe der Stadt an die Soldateska des französischen Offiziers Mèlac verhindert wurde.
Ab Mitte der 50er Jahre bedurfte es wieder das Engagement der Schorndorfer Frauen, um das im Anschluss an die 1938 stattgefundene 250-Jahr-Propagandafeier der Nationalsozialisten, 1939 eingeweihte Vorgängerbild zu ersetzen. Als dieses Fresko mit den „harten, kantigen und entschlossenen“ Frauendarstellungen (Stuttgarter NS-Kurier, 15.7.1939) abzubröckeln begann, wollte man seitens der Stadt einen Schlussstrich – unter die NS-Geschichte?, den Frauenprotest? – ziehen und es entfernen.
Der Arbeitsgemeinschaft Schorndorfer Frauen mit der Vorsitzenden Anneliese Hahn („...nicht allen kam es gelegen und viele waren ganz dagegen“)* war es zu verdanken, dass am 1. August 1965 das Natursteinmosaik Hans Gotthilf von Stockhausen eingeweiht werden konnte.
Von Stockhausen, der u.a. im Kessel von Stalingrad den Schrecken des II. Weltkriegs am eigenen Leibe erlebte, entmilitarisierte in seinem Mosaik die waffenstarrenden Frauen mit ihrer degenbewehrten Heldin des Vorgängermodells und vieler Vorläufergemälde. Stattdessen rückte er Barbara Künkelin als eine große und aufrechte Frau in den Mittelpunkt, die – ganz im demokratischen Sinne – ihre Argumente der verdutzten Männerschar vor den Augen der Öffentlichkeit entschlossen vorträgt.
Text: Eberhard Abele
*SWR Retro: Die Weiber von Schorndorf. Einweihung 1965
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Standort: Rathaus Schorndorf
Marktplatz 1, 73614 Schorndorf
Lage: google.maps
Bauherr: Stadt Schorndorf
Verfahren/Realisierung: Finanzierung durch Spenden der AG Schorndorfer Weiber, Heimatverein, Stadtkapelle und Schorndorfer Unternehmen, 1965
Material/Technik: Natursteinmosaik
Dimension: 20 x 5 Meter
Hans Gottfried von Stockhausen
1920 Trendelburg
1939-45 Teilnahme als Soldat am Zweiten Weltkrieg
1945-47 Kriegsgefangenschaft
'1947-52 Studium der angewandte Kunst (Gals- und Wandmalerei) bei Prof. Rudolf Yelin, Staatliche Akademie der Künste in Stuttgart 1969-85 Professor für Malerei und Glasgestaltung, Staatliche Akademie der Künste in Stuttgart „Stuttgarter Glas“, Entwicklung von freien, von der Architektur unabhängigen Glasbildern
1980 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
Ab 1986 Lehrtätigkeiten in Pilchuck, USA und in Edinburgh, Schottland
2010 verstorben in Remshalden-Buoch
Frühere Gestaltungen an der Rathaus-Nordwand
1902-1939 und 1939-1965
Interessante Verbindungen
Im Jahr 1984 wurde im Gedenken an Anna Barbara Walch-Künkelin ein Preis ausgelobt, der mutige Frauen für ihr Engagement in der Gegenwart auszeichnen soll: Der Barbara Künkelin Preis.
www.kuenkelinpreis.de
Die Preismedaille wurde von Hans Gottfried von Stockhausen zusammen mit Garbis Karabtian entworfen. Die kalligraphische Wiedergabe des Namens der jeweiligen Preisträgerin erfolgt durch Ada von Stockhausen-Isensee.
Auch Walter Giers setzte sich im Jahr 2000 künstlerisch mit dem Thema Barbara Künkelin auseinander. Hier geht es zu seiner Arbeit Gefangene Lichter in der Barbara-Künkelin-Halle.