Skulptur 34

CHRISTOPH TRAUB
Tor der Ahnen


Standort: Raible-Anlage
Material: Granit, Beton, Stahl
Jahr: 2005


Diese stille Arbeit mit ihrem unaufdringlichen aber beharrlichen »memento mori« bringt jene anthropologische Dimension ins »Lebensspiel«, die den »metaphysischen Rest« im Menschen mobilisiert – wie ihn Rainer Maria Rilke, den Christoph Traub disziplinübergreifend als »literarischen Partner« auf der flankierenden Steinplatte einsetzt, in Verse gebracht hat.

Ältere Zeiten haben dem Tod immer einen Platz im Leben gegeben. Tor trennt zwischen drinnen und draußen, davor und dahinter. Tor ist Zäsur und Übergang. Tor zwingt zum bewussten Durchschreiten, appelliert an die Wahrnehmung, aus der gleichförmig-gleichgültigen Normallage momentweise auszuscheren und den durch das Tor angebotenen Sonderzustand zu erleben. Zwei genutzte, zernarbte eiserne T-Träger, trapezförmig aufsteigend montiert, halten Bruchstücke von Grabsteinen zusammen. Fragmentarisch versammeln sich in der Spannungszone zufällige Namen, Jahreszahlen, Symbole. Sie sind in die Höhe genommen, aufgehoben, transzendiert. Ein Erinnerungsaggregat, das Wahrnehmung, Bewusstsein und seelische Gestimmtheit in Schwingung versetzt: Die verletzten, zernarbten, von der Arbeit gezeichneten Träger tragen die collagierten Symbole der Erinnerung an Menschen, an deren Leid und Leben, Mühe und Arbeit, aber auch Erinnerung an die Geborgenheit und den Zusammenhalt im heimatlich-sozialen Beziehungsfeld. Der Hinweis auf die Ahnen, also auf jene, die vor uns gelebt und gelitten haben, könnte unserem Leben und Leiden einen Sinn geben. Ein Leben ohne Erinnerungskultur, was wäre das?

Text: Frieder Stöckle

Christoph Traub
1964 in Stuttgart geboren
1983 Bildhauerpraktikum bei Fritz Nuss
1984-1987 Lehre zum Steinbildhauer bei Hans Neuwirth
1988-1989 Studium an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Gerd von Dülmen
Seit 1990 freischaffender Künstler