Stadtkirche Schorndorf

Ada Isensee
Jedermann-Fenster

Im vorgegebenen, gotischen und vierbahnigem Fenster kniet eine Figur vor einem farbigen Busch, der nach oben mit dem Maßwerk eine Verbindung findet. Es ist „Mose vor dem brennenden Dornbusch“ (2. Mose 3) dargestellt. Gott beruft Mose vom Schafherdenführer zum Führer des Volkes Israel.

Im Maßwerk oben, als Radfenster geformt, zeigt die Künstlerin Gott in Gestalt einer Endlosschleife als Sinnbild für die Ewigkeit in einem Rot als Zeichen der göttlichen Liebe. Von diesem Maßwerk fällt direkt ein senkrechter gelber Strahl auf die Figur des Moses. Das göttliche Rot hat sich über das Gewand Moses gelegt. Der gelbe Strahl mit dem Inhalt eines Textes aus der Offenbarung 1, Vers 8.

In der Mitte des Fensters wächst aus dem Boden ein brauner starker Stamm und geht in einen Busch nach oben weiter. Der Busch, als Kelch dargestellt, fängt die Botschaften Gottes auf und diese werden durch Engel heruntergetragen, hier zum Mose. Zwischen dem Erdreich, auf dem Moses kniet, und dem Horizont ist ein Meer als ultramarinblauer Zwischenraum. Wo sich Himmel und Erde am Horizont begegnen sieht man schemenhaft das Himmlische Jerusalem.

Im Teil 1-3 b des Fensters ist ein senkrechtes, blaues Spruchband mit dem Text : Deinen Tod , o Herr, verkünden wir, Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit“. Dieses nach oben gerichtete, blaue Band ergibt zusammen mit einer Querstrebe ein Kreuz. Aus diesem Kreuz wachsen Blüten und Blätter in den Dornbusch hinein, um ein Weiterleben nach dem Tod zu verkünden. Unten im Teil 1a können wir ein Signet des Jedermann erkennen; Jedermann schreitet durch die Pforte des Todes hindurch zur göttlichen Wahrheit. Oben, zu beiden Seiten des Maßwerkes, sind zwei Fischblasen zu beachten, welche als Engel Cherubim und Seraphim Botschaften nach unten tragen.

Text: Volker Gaiser

Die Spende

Volker Gaiser: „Es war einmal“ beginnen alle Märchen, aber es gab in Schorndorf wirklich eine evangelische Laienschauspielgruppe des CVJM. Ganz professionell spielten sie jedes Jahr und an verschiedenen Standorten. So spielte die Schauspielgruppe außen an der Ostseite der Stadtkirche einmal das Spiel vom Sterben des reichen Mannes: Jedermann. In der Mitte der Aufführung des Stückes begann es zu regnen und da lud der damalige Pfarrer alle ein, in der Stadtkirche innen einfach weiter zu spielen. Die Laienschauspielgruppe löste sich um 2000 altershalber auf und dachte nach der Versteigerung der Requisiten mit dem Erlös ein Kirchenfenster zustiften. Nach dem Abstimmen zwischen Spielgruppe, Kirchengemeinde und der Künstlerin Ada Isensee begann dann erst der Entwurfsprozess. Jedermann und jedefrau weiß von der Begrenztheit des Lebens und auch, dass der Tod nicht verhandelbar ist. Diese Erkenntnis derjederzeitigen Umkehr ist aber die Verbindung von dem Spiel Jedermann zum Bild Mose vor dem Brennenden Dornbusch.


Standort:Stadtkirche Schorndorf, nordöstliche Seitenkapelle
Kirchplatz,73614 Schorndorf
Lage: google.maps

Bauherr: Evangelische Kirchengemeinde und ev. Laienschauspielgruppe des CVJM

Verfahren/Realisierung: Spende, 2006

Material: Ätzung, Sandstrahl, Malerei auf Glas

Dimension:


Ada Isensee
1944 in Potsdam geboren
1964-1967 Studium der Psychologie in München und Tübingen
1967 + 1968 Studium an der Ecole des Beaux Arts Paris und Studienaufenthalt in London
1968-1972 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Prof. H.G von Stockhausen
Ada Isensee lebt in Remshalden-Buoch als Malerin, Radiererin und Glaskünstlerin

Werke von Ada Isensee sind zu sehen :
Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Südwestdeutscher Rundfunk in Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Augustinermuseum in Freiburg,  Hessisches Landesmuseum in Darmstadt, Bayerischer Rundfunk in München, Yahatano – Japan, Museum of Glass in Corning – USA, Stadtkirche Schorndorf

Entstehungsprozess

Der Vorentwurf wird im Maßstab 1:10 gefertigt und danach auf einen Karton im Maßstab 1:1 übertragen. Auf diesem Karton erfolgen auch die zeichnerischen Korrekturen. Nach diesem Karton werden Einzelscheiben geschnitten und diese werden geschliffen, geätzt und manche noch mit Schwarzlot bemalt oder hintermalt oder gewischt. Um dieses Schwarzlot mit dem Glas innig zu verbinden bedarf es eines nochmaligen Brandes bei 630 Grad Celsius. Früher verwendete man für die Farbe blau den gemahlenen Stein Lapislazuli. Dieser Stein kam über das Meer (ultra mare) aus Afghanistan. Deshalb Ultramarinblau oder auch Königsblau benannt. Es gibt Echtantikglas, diese sind von Mund geblasene Scheiben oder Überfanggläser oder moderne Flachglas- Scheiben. Das Glasherstellungsverfahren zu beschreiben bedürfte eines extra Kapitels. Durch Lötverfahren oder durch Bleiverbindungen werden die einzelnen Scheiben zusammengefügt und dann erst entsteht das Gesamtbild. Bis das Gesamtkunstwerk nun zum Tragen kommt bedarf es auch großer handwerklicher Kunst bis alles im Architekturfenster verankert ist.